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Schüler des BVJ-S

„Ahlan wa-sahlan“ – der arabische Ausdruck für „Herzlich Willkommen“ – zeigt ein großes Plakat im Klassensaal einer Sprachförderklasse an der Berufsbildenden Schule Alzey. Nicht nur auf Arabisch, sondern auch auf Tigrinya, Malaiisch oder Urdu stehen weitere kulturelle Grundpfeiler wie Toleranz, Respekt und Verständnis, selbst geschrieben von den 17 Flüchtlingen. „Das kulturelle Grundverständnis, egal aus welchem Land unsere Schülerinnen und Schüler stammen, ist die Basis für unser gemeinsames Lernen“, weiß Christiane Krencischek, die seit letztem Schuljahr gemeinsam mit sieben weiteren Kolleginnen und Kollegen die Sprachanfänger an der BBS Alzey unterrichtet.

Das Lehrerteam besteht nicht nur aus Sprachförderkräften oder Deutschlehrern mit der Qualifikation Deutsch als Zweitsprache, sondern auch aus Sport-, Englisch-, BWL / Sozialkunde und Religionslehrern. „Der Unterricht ist lebensnah und praktisch und kombiniert Schulfächer wie Mathematik und Sport mit Alltagslektionen“, erklärt die Friseurmeisterin, die an zwei Schultagen ihren Salon für ihre zweite Leidenschaft, fremde Sprachen und Kulturen, tauscht. Beispielsweise mit Bildern aus der Allgemeinen Zeitung und Prospekten bereiteten sich die Schüler auf das Thema „Einkaufen“ auf dem Wochen- und im Supermarkt vor und setzen ihre neu gewonnenen Kenntnisse beim Einkauf in die Praxis um. Bereits fortgeschrittene Schülerinnen und Schüler dürfen auch am Unterricht verschiedener Berufssparten wie zum Beispiel in der Berufsfachschule Gesundheit und Pflege, Hauswirtschaft oder Metalltechnik teilnehmen.

Der Aufstieg in höhere, berufsrelevante Klassen ist gebunden an gute Deutschkenntnisse. „Unseren Schülern Einblicke in verschiedene Berufe bieten zu können ist für uns als Berufsbildende Schule selbstverständlich“, so Schulleiter Markus Eiden. „Als erstes jedoch müssen die Sprachschülerinnen und -schüler einen Grundlevel in der deutschen Sprache erreichen, da es erst einmal gilt, den Alltag zu meistern.“ Dass die Förderung dieser Schülerinnen und Schüler manchmal schneller und unbürokratischer erfolgen kann, hat sich der Verein der Freunde und Förderer der BBS Alzey zum Ziel gesetzt, die Sprachklassen finanziell zu unterstützen. So kaufte der Förderverein unter dem neuen Vorsitz von Albert-Claus Buchbinder für alle drei Klassen Wörterbücher in den verschiedenen Sprachen, die täglich gebraucht werden.

Seit zwei Jahren unterrichten motivierte Lehrer und Sprachförderkräfte Flüchtlinge an der BBS Alzey. „Angefangen mit einer Klasse von acht Schülern, unterrichten wir dieses Schuljahr in drei Klassen knapp 50 Flüchtlinge aus Afghanistan und Pakistan, Syrien, Eritrea, Somalia und Gambia sowie aus Albanien, Indonesien und Thailand“, erläutert Julia Heinrich, Lehrerin und Koordinatorin der Sprachförderklassen. Die Klasseneinteilung sei jedoch nicht als drei Sprach-Nivaustufen zu verstehen; die Sprachkenntnisse der Flüchtlinge seien im Hinblick auf das Schreiben, Verstehen und Sprechen in jeder der Klassen sehr unterschiedlich, was eine besondere Herausforderung für jeden darstelle.

Schüler des BVJ-S

„Wann und welche Schülerinnen und Schüler an welcher Institution in Alzey unterrichtet werden, entscheidet sich durch einen schriftlichen Einstufungstest sowie ein Gespräch mit Vertretern des CJD, des Aufbaugymnasiums, der BBS und der Kreisverwaltung. Die schriftlichen Tests finden in regelmäßigen Abständen an der BBS statt“, so Heinrich. Der nächste Termin für den schriftlichen Test ist für Anfang Januar 2017 festgesetzt.

„Hilfreich ist natürlich, wenn Zeugnisse oder Sprachzertifikate mitgebracht werden“, merkt die Koordinatorin an. „Neue Sprachschüler müssen sich bei der Kreisverwaltung melden, die ihnen dann eine Einladung zum Einstellungstest schickt.“ Im Abstand von einer Woche findet das mündliche Gespräch mit den Schülerinnen und Schüler samt ihrer Betreuer mit Vertretern der Kreisverwaltung, des Aufbaugymnasiums, der BBS und des CJD statt. Nach diesem Gespräch erhalten die Schüler ihre Schul- bzw. Kurszuweisung.

„Am ersten Einstufungstest haben elf potientielle Schülerinnen und Schüler teilgenommen. Es bleibt jedoch spannend, wie viele weitere Flüchtlinge in Zukunft kommen werden“, so Heinrich. Denn für die weitere Planung sind nicht nur organisatorische Aspekte wie Kapazitäten oder Lehrermangel von Belang, sondern für die Schule stehen vor allem pädagogische Überlegungen im Vordergrund: „Für uns Lehrer ist es eine große Herausforderung aus fremden Jugendlichen eine Gemeinschaft zu bilden, mit gesellschaftlichen Werten, die für ein gelingendes Miteinander unabdingbar sind.“